1945-1954

Vertrauen und Zusammenarbeit

1945: Europa in Trümmern, verlorene Märkte, erstarkende Konkurrenz, errungene Bewegungsfreiheit – die Südtiroler Obstwirtschaft sucht den Erfolg im Zusammenschluss. Der Verband der Südtiroler Obstgenossenschaften (VOG) wird gegründet. 

Nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches im Mai 1945 ändert sich die Apfelwelt in Südtirol schlagartig. Der Brenner wird hermetisch abgeriegelt. Kein einziger Apfeltransport rollt mehr zu den langjährigen Kunden im größten und altgewohnten Absatzgebiet. Neue Märkte mussten gesucht werden. Die Erkenntnis, dass diese schwierige Aufgabe von einer einzelnen Genossenschaft nicht zu lösen ist, setzte sich bald durch.

Es war Josef Ungericht, Obmann der Obstgenossenschaft CAFA, der mit seiner starken Persönlichkeit und breiter Aufklärung die anderen Genossenschaften überzeugte, dass nur ein enger Zusammenschluss aller Genossenschaften in der Lage sein werde, diese völlig neue, schwere wirtschaftliche Situation zu meistern. Vertrauen und Zusammenarbeit bildeten das Fundament des Zusammenschlusses, der bereits am 24. August 1945 vollzogen wurde.

Neben Josef Ungericht setzten weitere acht Obmänner ihre Unterschrift unter jene Urkunde, die eine zukunftsweisende Zäsur für die Südtiroler Obstwirtschaft bilden sollte: Franz Lochmann, Burggräfler Obstgenossenschaft; Michael Ebner, OG Sacra; Karl Schmid, Obstproduzentengenossenschaft Gries, Paul Frasnelli, OG Leifers; Hans Zischg, OG Gargazon, Matthias Telser, OG Pomus; Josef Hillebrand, OG COFRUM Marling; Anton Torggler, OG Tscherms. Ungericht wurde zum ersten Obmann des Verbandes der Obstgenossenschaften gewählt.
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Aufbruch in eine neue Zeit

Die Wiege des Verbandes befand sich in ungeeigneten Räumlichkeiten des ehemaligen Faschistischen Prüfungsverbands am Siegesplatz in Bozen. Eine Gruppe zielbewusster Männer mit August Kofler, Walter Marsoner, Josef Zipperle und Josef Prünster suchte gleich nach Beendigung des Krieges nach Möglichkeiten zur Beschaffung von Bedarfsartikeln und nach Absatzwegen für das Obst, um so der trostlosen Wirtschaftslage den Kampf anzusagen. Hier wurden die Statuten des neuen Dachverbandes ausgearbeitet.

Zentrale Punkte waren die Beratung der Produzenten in der Pflege des Obstbaues und der Sortenwahl, der gemeinschaftliche Verkauf und die Verwertung des Obstes und der gemeinschaftliche Ankauf von Betriebsmitteln für die Obstbauern. Letzteres Aufgabengebiet ging schon bald an den Hauptverband landwirtschaftlicher Genossenschaften über, der bereits im Jänner 1946, ebenfalls auf Betreiben von Josef Ungericht, gegründet wurde. Beide Verbände führten bis 1947 eine gemeinsame Verwaltung; der neue Sitz befand sich im Hotel Stiegl in Bozen, wo auch der Sennereiverband und der Verband der Raiffeisenkassen Unterschlupf fanden.

Neue Wege im Export

Der wesentliche Grund für den Zusammenschluss im VOG war zweifelsohne die Suche nach neuen Absatzgebieten im Export, nachdem zunächst in das von den alliierten Militärbehörden verwaltete Deutschland – dem bisherigen Hauptabsatzgebiet – nicht einmal ein Briefwechsel oder ein Ferngespräch erlaubt war. So war es nicht verwunderlich, dass sich nach den neun Gründergenossenschaften gleich weitere Genossenschaften dem Verband anschlossen.

Trostlos waren die Aussichten für die Vermarktung der ersten Ernte im Jahr 1945. Ein Großteil der Äpfel – vor allem Gravensteiner – wurde der Destillation zugeführt, da sich keine Exportmöglichkeit ergab. Die Fühler wurden aber nach allen Richtungen ausgestreckt, Kommissionsgeschäfte getätigt und Kompensationsgeschäfte angebahnt. Im Visier standen nordeuropäische Länder, der englische Markt, die Schweiz, aber auch der Nahe Osten und Afrika.

Nach und nach kam auch die wichtigste Absatzschiene nach Deutschland wieder in Schwung, wenngleich zunächst nur für die Besatzungstruppen und behindert von Einfuhrsperren. Begleitet wurden all diese Bemühungen von der Erkenntnis, dass man sich gegen die Überproduktion und in einem erbarmungslosen Wettbewerb nur durch Qualität behaupten kann.
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1945
24. August: Der VOG wird gegründet, Josef Ungericht zum ersten Obmann gewählt.
1946-1
1946
Errichtung des Verbandssitzes im Nebenhaus des Hotel Stiegl in Bozen.
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1946
Normen für die Standardisierung des Obstes werden erlassen, ein Absatzapparat für In- und Auslandsmärkte errichtet.
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1946
VOG und Obsthandel gründen den „Bund zur Förderung der Landwirtschaft“ (Schädlingsbekämpfung).
1946-4
1946
16. Dezember: Anton Mayr Unterganzner wird zum Obmann gewählt.
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1949
Mit dem Accordino beginnt der erleichterte Warenaustausch zwischen Tirol, Vorarlberg und Trentino-Südtirol.
1952
1952
Die Schweiz wird über mehrere Jahre zu einem wichtigen Abnehmer (Migros).